Peter Modler
Inhalt
Menschen kommunizieren unterschiedlich, dazu gibt es bereits viele Erkenntnisse und viel Literatur. Die meisten Menschen suchen in einer sachlichen Debatte nach guten Argumenten, um den anderen zu überzeugen und eine Lösung herbeizuführen. Für diese Menschen ist es äußerst unbefriedigend, wenn auf ein sachliches Argument schlicht mit „Falsch!“ geantwortet wird – insbesondere wenn diese Antwort nachweislich nicht korrekt ist. Viele Menschen beginnen dann weiter auf der Sachebene zu diskutieren, weitere Argumente zu liefern. Die Antwort lautet dann wieder: „Falsch.“ Der andere scheint einfach nicht nach den gewohnten Regeln zu spielen. Er wird als Ignorant wahrgenommen.
Peter Modler beschreibt die Unterschiede in der Kommunikation hinsichtlich horizontaler und vertikaler Kommunikation. Dabei zieht er viele Beispiele aus dem zeitgenössischen politischen Geschehen heran. Viel Raum bekommen die Fernsehduelle zwischen Hillary Clinton und Donald Trump während des Wahlkampfes um die US-amerikanische Präsidentschaft 2016.
Unter horizontaler Kommunikation versteht er die sachlich geführte Debatte. Dabei geht es um Inhalte und um Lösungen. Gerade in Akademikerkreisen erfreut sich diese Kommunikationsart seiner Aussage nach großer Beliebtheit. Innerhalb der horizontalen Kommunikation wird in der Regel so genannter „High Talk“ verwendet – sach- und inhaltsorientierte Sprache, komplizierter Satzbau, inhaltlich präzise Formulierungen.
Vertikale Kommunikation fokussiert nicht auf Inhalte und die Sache, sondern sie befasst sich im Kern damit, wie die Diskutanten zueinander stehen. Wer ist wem übergeordnet? Welche Rangfolge gibt es? Wie sieht die Hierarchie aus? Gegenüber dem High Talk nutzen vertikale Kommunikatoren „Basic Talk“ und auch „Move Talk“. Basic Talk ist dabei eine reduzierte und möglichst einfache Sprache: kurze Sätze, kurze Worte, nicht zwingend ein Inhaltsbezug. Beim Move Talk geht es darum, auch rein körperlich die Diskussion zu beeinflussen und sogar zu dominieren. Körpersprache, Positionierung im Raum und gegenüber den anderen Gesprächsteilnehmern sollen dazu dienen, die eigene (Macht-) Position zu stärken.
Üblicherweise wird vertikale Kommunikation von Menschen, die sehr sach- und lösungsorientiert sind, als ignorant erlebt. Der andere lässt sich nicht durch Fakten oder Argumente beeindrucken. Er behauptet einfach, lügt dreist und nutzt eventuell sogar körperliche Dominanz in der Diskussion. Dieser vertikal kommunizierende Mensch wird dann als „Ignorant“ bezeichnet.
Tatsächlich weist Modler aber auch mehrfach darauf hin, dass man Basic Talk durchaus auch mit Basic Talk begegnen kann. Der sonst horizontal kommunizierende Mensch kann gewissermaßen die Sprache wechseln, so dass ihn der vertikal orientierte auch tatsächlich versteht. Denn beiden Ansätzen liegen unterschiedlich Grundannahmen und -einstellungen zugrunde. Und daher empfindet auch der Basic-Talk-Sprecher den geschwollen daherredenden, im Detail verirrten Kollegen als Ignorant. Schließlich ist in seiner Welt zunächst die Rangfolge zu klären, bevor es an inhaltliche Fragestellungen gehen kann.
Das Buch schließt mit zehn kompakten Regeln für den Umgang mit „Ignoranten“. Diese fassen die Ergebnisse des Buches in Handlungsempfehlungen zusammen.
Impulse
Dass es verschiedene Kommunikationsarten und -typen gibt, war für mich nichts Neues. Modler stellt aber die Kommunikationstypen vertikal und horizontal gegenüber und beschreibt diese auch als zwei unterschiedliche Sprachen. Das war für mich neu, und daher nehme ich im Kern folgende Impulse mit:
- Manche Menschen müssen erst die Rangfolge klären. Vorher sind sie für andere Themen gar nicht bereit.
- Auf Basic Talk kann man mit Basic Talk antworten. Der sonst so eloquent sprechende Mensch kann hier auf seinen üblichen Anspruch verzichten und dem anderen gegenüber klar Position beziehen
(Argument 1 => „Falsch“ => Argument 2 => „Falsch“ => „Richtig!“ => „Falsch“ => „Richtig“). - Das muss man allerdings aushalten können.
- Wenn jemand versucht, mich mit Basic oder Move Talk aus dem Konzept zu bringen, gehe ich sofort darauf ein. Ich lasse mir das nicht passieren oder gefallen.
- Basic Talk: langsam, stark betont, Klärung der Rangstellung
(auch wenn der andere einem selbst höhergestellt ist).
Bewertung und Kommentar
Dieses Buch habe ich sehr gern gelesen. Durch die vielen Beispiele aus der amerikanischen und auch deutschen Politik werden die Erläuterungen sehr lebhaft und sehr gut nachvollziehbar. Modler bedient sich einer klaren und gestochenen Sprache, der ich persönlich gut folgen kann.
Seine Thesen und Erkenntnisse stützt er vor allem auf verschiedene Beobachtungen. Dem Buch liegt eine umfängliche Literaturliste bei, auf die jedoch im Text nicht direkt Bezug genommen wird. So kann man eine wissenschaftliche Fundierung seiner Behauptungen vermuten aber nicht wirklich unterstellen.
Allerdings erscheinen mir seine Punkte absolut nachvollziehbar. Seine Lösungsansätze kann ich mir als wirksam vorstellen. Und wenn sie das sind, empfinde ich das wissenschaftliche Fundament erst einmal als zweitrangig. Ich freue mich jetzt förmlich darauf, diese Strategien im Alltag auszuprobieren.
Eckdaten
Titel | Mit Ignoranten sprechen: Wer nur argumentiert, verliert |
Autoren | Dr. Peter Modler |
Erscheinungsjahr | 2019 |
ISBN | 978-3593510804 |
Verlag | Campus Verlag, Frankfurt/Main |
Umschlag | total italic, Thierry Wijnberg, Amsterdam und Berlin |
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