Isso!

von Theo Lehmann

Tagtäglich diskutieren wir mit Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten. Die allermeisten dieser Gespräche sind wertschätzend sowie ziel- und ergebnisorientiert. Das ist gut und hilfreich, es bringt uns und die Sache voran.

Manchmal ziehen wir uns zurück und sprechen nicht nur über das Tagesgeschäft. Wir reflektieren: Warum hat etwas funktioniert? Oder auch nicht? Wieso haben mich die Kollegen da nicht verstanden oder nicht das getan, was doch sinnvoll gewesen wäre? Auch diesen Prozess halte ich für sehr wertvoll. Er schafft die Möglichkeit, dass wir als Organisation und als Team noch besser werden können. Wer will das nicht?

Erstaunt bin ich nur immer wieder, dass es ein relativ beliebtes Argument gibt. Es heißt „Isso“. Dieses Argument scheint unschlagbar. Wir diskutieren seit 20 Minuten, wir beginnen uns im Kreis zu drehen. Auf einmal sagt einer: „Das musst du so und so machen, sonst klappt es nicht. Isso.“ Und zack, Lösung gefunden. Fertig. Isso ist das Shotgun in der dienstlichen Diskussion. Schachmatt.

Jetzt muss ich aber gestehen – und bitte sagen Sie es nicht weiter: Ich verstehe es gar nicht. Anfangs fügte ich mich natürlich dieser Naturgewalt, diesem physikalischen Gesetz: Isso sticht. Dann aber kamen mir irgendwann Zweifel. Was, wenn Isso gar nicht stimmt? Was erklärt mir Isso eigentlich? Wie kann ich da tiefergehende Zusammenhänge erkennen? Ich war verwirrt.

Um mehr und besser zu verstehen und um zurück auf den rechten Pfad der Isso-Akzeptanz zu gelangen, beobachtete ich ganz bewusst die folgenden Diskussionen. Zu meiner Verwirrung kam ein schrecklicher Verdacht: Vielleicht ist Isso eigentlich gar kein Argument.

Ich erinnere mich an eine Situation mit dem sechsjährigen Sohn von Freunden. Er wollte noch ein Stück Schokolade. Den Wunsch kann ich gut verstehen, aber die Entscheidung stand mir nicht zu. Wohl aber seinen Eltern und die entschieden abweisend. Das gefiel dem Jungen natürlich nicht. Er begann zu debattieren; er hatte an dem Tag bisher erst ganz wenig Süßigkeiten. Seine Eltern verwiesen wiederum auf die fortgeschrittene Stunde und blieben bei ihrem Nein. Und da packte der Sechsjährige sein Killerargument aus: „Aber ich will!“ Schachmatt – also seiner Meinung nach…

Und jetzt erklären Sie mir bitte, wie ich bei einem gestandenen Manager, der mir in der Diskussion selbstbewusst und mit all seiner Autorität ein Isso an den Kopf wirft, nicht an einen kleinen Jungen denken soll, der verzweifelt um ein Stück Schokolade kämpft!


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